Eine neue Fitneßidee hält Einzug in die deutschen Gesundheitsstudios:
konzentrierter Sauerstoff. Die Anbieter stellen Atemluft zur Verfügung, die zu 80 – 90% aus Sauerstoff besteht. Die normale Umgebungsluft enthält etwa 20% des Atemgases.
Das Konzept kommt aus Japan und den USA. Dort gibt es derartige „Sauerstofftankstellen“ schon länger. Die Lungen der Menschen in so versmogten Metropolen wie Los Angeles oder Tokio profitieren vielleicht ein wenig von den Sauerstoffduschen. Für deutsche Großstädte erscheint vielen Experten dieses Angebot wenig sinnvoll. Denn das Problem unserer Luft ist nicht ein zu wenig an Sauerstoff, sondern der Anteil an Schadstoffen ist zu hoch. Auch bei Ozon- oder Smogalarm ist der Sauerstoffanteil der Luft für unsere Lungen immer noch mehr als ausreichend.
Was passiert beim Atmen?
Die Lunge hat sich im Laufe der Entwicklung des Menschen an die 20% Sauerstoff in der Umgebungsluft gewöhnt. Alle Atemfunktionen sind darauf eingerichtet. Man zieht die Atemluft durch die Nase oder den Mund in die Lunge. Die Atmung durch die Nase hat den Vorteil, daß dort Flimmerhärchen sind, die Staubteile oder Keime herausfiltern. Außerdem wird die Luft auf dem Weg durch die Nasengänge bereits auf Körpertemperatur gebracht. Die eigentliche Atmung, der Gasaustausch, findet in den sogenannten Alveolen statt. Das sind kleine bläschenartige Ausweitungen am Ende der weit verzweigten Verästelungen der Lunge. Hier durchwandern die Sauerstoffmoleküle die hauchdünnen Gefäßwände feiner Blutadern.
Im Blut nimmt sie dann der rote Blutfarbstoff auf, das Hämoglobin. Er trägt das Atemgas mit dem Blutstrom durch den ganzen Körper zu den Organen. Diese verbrauchen ständig Energie vor allem aus Zucker oder Fett. Und für diesen Energiestoffwechsel ist Sauerstoff lebenswichtig. Hier wird er regelrecht verbraucht. Ein „Abfallprodukt“ dieses Stoffwechsels ist Kohlendioxid. Dieses wird mit dem Blutstrom zurück zur Lunge transportiert, um dort den Körper zu verlassen. In den Lungenbläschen kommen sich das Kohlendioxid und der frische Sauerstoff quasi entgegen.
Entscheidend ist, daß der rote Blutfarbstoff unter normalen Umständen nahezu vollständig mit Sauerstoff gesättigt ist. Das heißt, daß kein Platz mehr ist für zusätzlichen Sauerstoff. Jedes weitere Molekül aus den Generatoren der Sauerstoffbars atmet man ungenutzt wieder aus.
Außerdem wird der Atemantrieb nicht durch den Sauerstoffgehalt der Luft gesteuert, d.h. wenig Sauerstoff = schneller atmen, sondern durch die Kohlendioxid-Konzentration im Blut. Eine erhöhte Menge des „Abgases“ Kohlendioxid zeigt, daß der Körper viel Sauerstoff verbraucht. Und das tut er vor allem, wenn er viel arbeiten muß. Deshalb atmet man automatisch schneller und nimmt mehr Sauerstoff auf, wenn man sich sportlich betätigt.
Hyperbare Sauerstofftherapie
Die Sauerstoffaufnahme läßt sich real nur steigern, wenn man sich in eine Druckkammer setzt und das Gas unter Überdruck einatmet. Auf diese Art erhöht sich die Menge des Sauerstoffs, der im Blut gelöst, nicht an Hämoglobin gebunden, vorliegt. Doch diese sogenannte „hyperbare Sauerstofftherapie“ wird als medizinische Therapie bei bestimmten Erkrankungen wie Hörsturz, Problemwunden oder Lärmschäden eingesetzt, nicht als erfrischende, verjüngende Kur für Gesunde.
Sauerstoff als Medizin
Auch unter normalen Druckverhältnissen kann Sauerstoff eine Medizin sein. Wenn die Lunge krank ist und die normalen Atemvorgänge nicht von alleine funktionieren, kann konzentrierter Sauerstoff helfen. So werden in der Intensivmedizin Menschen kurz nach einer Operation mit Sauerstoff versorgt. Oder als Atemhilfe bei starkem Asthma und bei Rauchvergiftungen ist Sauerstoff eine wirksame Medizin.
Sauerstoff-Mehrschritt-Therapie
Es gibt bundesweit Kureinrichtungen, die die sogenannte „Sauerstoff-Mehrschritt-Therapie“ anbieten. Dort beruft man sich auf Prof. Manfred von Ardenne. Genau wie bei den Sauerstoffbars ist die Wirkung dieser Therapiemethoden umstritten. Zwar kann man sich auch mit Sauerstoff vergiften, doch werden die dazu erforderlichen Konzentrationen ( > 1 Stunde mit einer Sauerstoffkonzentration > 60%) in den Sauerstoffbars wohl kaum erreicht.
Und vielleicht tun dem ein oder anderen die 18 Minuten Entspannung in der Mittagspause einfach gut. Nur das hat dann sicher nicht all zu viel mit dem Sauerstoff zu tun.
von Angela Bode